Schwarze Schwäne – Wie man sich vor ihnen schützt

Schwarze Schwäne

Wie schützt man sich vor ihnen?

Die Macht unvorhersehbarer Ereignisse

Die Geschichte ist voll mit unvorhersehbaren Ereignissen. Manche davon sind extrem selten, haben gravierende Auswirkungen auf unser Leben und wären erst im Nachhinein betrachtet vorhersehbar gewesen. Man nennt sie „Schwarze Schwäne“ oder Schwarzer-Schwan-Ereignisse, wie sie der Mathematiker, Denker und ehemalige Optionshändler Nassim Nicholas Taleb in seinem Buch Der Schwarze Schwan: Die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse* beschrieben hat.

Schwarze Schwäne können alles sein: Naturkatastrophen, Finanzcrashs, Pandemien oder Kriege. Nach Taleb müssen Schwarze Schwäne jedoch drei Merkmale aufweisen, um als solche zu gelten:

  1. Das Ereignis muss ein Ausreißer sein. Nichts aus der Vergangenheit kann glaubwürdig darauf hinweisen, dass es eintreten wird.
  2. Das Ereignis hat eine schwerwiegende und extreme Auswirkung auf die Welt und die Gesellschaft.
  3. Es ist erst vorhersehbar, nachdem es bereits eingetreten ist. Das Ereignis kann im Vorfeld nicht erwartet werden, im Nachhinein wird es jedoch erklärbar.

Der Begriff des Schwarzen Schwans geht übrigens darauf zurück, dass man in der westlichen Welt glaubte, alle Schwäne seien weiß, da man bisher nur weiße Schwäne gesehen hatte. Diese Annahme wurde erst verworfen, als erstmals schwarze Schwäne in Australien gesichtet wurde.

Auch die Corona-Pandemie könnte man zu den Schwarzen Schwänen zählen. Möglicherweise auch den aktuellen Russland-Ukraine-Krieg. Ob nun Schwarzer Schwan oder nicht, wie kann man sich gegen solche unvorhersehbaren Ereignisse wappnen bzw. kann man das überhaupt? Ja, man kann!

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Einen Plan für den Fall haben, dass nichts nach Plan läuft

Wie in meinem Beitrag zur Diversifikation erläutert, können manche Risiken bei Aktien ganz einfach vermieden werden, andere wiederum nicht. Jegliches Risiko zu vermeiden wäre jedoch auch gar nicht zweckdienlich, schließlich sind Risiko und Rendite untrennbar miteinander verbunden. Würden alle Risiken vermieden werden, ließe sich auch keine Rendite erzielen. Es gibt also gute Gründe, warum Anleger Risiken eingehen, die mit Aktien einhergehen:

„Aktien sind die ertragreichste aller Asset-Klassen nicht trotz der hohen Volatilitätsrisiken am Aktienmarkt, sondern wegen dieser Risiken.“ – Gerd Kommer

Dennoch muss man sich diesen renditebringenden Risiken nicht schutzlos ausliefern. Bei unvorhersehbaren Ereignissen geht es nicht darum, sie vorherzusagen oder gar vermeiden zu können. Vielmehr geht es darum,

  • zunächst anzuerkennen, dass es sie gibt und dass sie eintreten werden und
  • darauf vorbereitet zu sein, wenn sie passieren.

Alles was kaputt gehen kann, wird irgendwann kaputt gehen

Nur eine einzige Schwachstelle eines Flugzeugs verheerende Folgen haben. Man geht davon aus, dass alles was kaputt gehen kann, tatsächlich auch irgendwann kaputt gehen wird. Deshalb sind Flugzeugsysteme heutzutage doppelt und dreifach abgesichert. Das hat zur Folge, dass sie so gut wie nie abstürzen und zum sichersten Verkehrsmittel wurden.

Dieses Mindset kann man auch auf seine Finanzen übertragen, wenn man nicht möchte, dass eine Schwachstelle dazu führen kann, dass alles den Bach runter geht, in diesem Fall die finanzielle Zukunft.

In finanzieller Hinsicht ist eine Schwachstelle sehr oft die Abhängigkeit von einem Gehalt. Die Corona-Krise hat viele Menschen gelehrt, dass auch vermeintlich sichere Angestelltenjobs plötzlich und ohne Vorwarnung wegbrechen können. Morgan Housel betont in seinem Buch Über die Psychologie des Geldes daher, dass es keinen spezifischen Grund geben muss, um zu sparen. Für ihn ist es vor allem wichtig, besonders für jene Situationen zu sparen, die unmöglich vorhersehbar sind.



Warren Buffett hat in einem Brief an die Aktionäre von Berkshire Hathaway im Jahr 2006 aus gutem Grund verkündet, dass er nach einem Nachfolger sucht, der „genetisch darauf programmiert ist, ernsthafte Risiken zu erkennen und zu vermeiden – selbst Risiken, denen er nie zuvor begegnet ist.“[1, S. 130]

Der wichtigste Teil jedes Plans besteht darin, für den Fall zu planen, dass ein Plan nicht nach Plan läuft. – Morgan Housel

Der Sicherheitspuffer gegen Schwarze Schwäne

Was kann man also als Anleger konkret tun? Allgemeine Marktrisiken, die das Portfolio zum Schwanken bringen und bei Krisen regelrecht erschüttern können, können nicht wie Unternehmens- oder Branchenrisiken wegdiversifiziert werden. Dennoch können sie kontrolliert werden und zwar durch:

Zur Erinnerung – ein (passiv ausgelegtes, als Welt-Portfolio auf ETF-Basis konzipiertes) Investmentportfolio sollte aus einem Renditebaustein (aus Aktien bzw. ETFs) und einem Sicherheitsbaustein (aus risikoarmen Anlagen wie z.B. Tagesgeld) bestehen. Der Renditebaustein bringt dabei die Rendite für das Portfolio, der Sicherheitsbaustein stabilisiert es und reduziert die Volatilität. Wie die Gewichtung dieser beiden Bausteine ganz einfach bestimmt werden kann, wurde bereits im Artikel In 3 einfachen Schritten zur Asset-Allocation ausführlich erläutert.

Bei der Bestimmung des Sicherheitsbausteins sollte man allerdings nicht nur auf die Zahlen achten, sondern auch berücksichtigen, wie es einem emotional nach großen Wertverlusten seines Depots ergeht. Die Zahlen sagen einem möglicherweise zwar, dass man einen Crash von bis zu 50 % Verlust finanziell aushalten kann. Das heißt aber noch nicht, dass man es auch emotional einfach so wegstecken kann. Verluste haben einen enormen Einfluss auf die Psyche, den man nie unterschätzen sollte. Daniel Kahnemann & Amos Tversky haben dies bereits mit der Verlustaversion als Teil ihrer Prospect Theory beobachtet.

Man sollte also überlegen, beim Sicherheitsbaustein zusätzlich noch einen Sicherheitspuffer mit einzukalkulieren. Ein Sicherheitspuffer zwischen dem, was man rein mathematisch überstehen kann und dem, was man emotional aushält. Ein solcher Sicherheitspuffer schützt vor Situationen, die wir uns überhaupt nicht vorstellen können, dass sie überhaupt passieren können. Er schützt vor den Ereignissen, die oben als Schwarze Schwäne beschrieben wurden und hilft dabei, auch in solchen Ausnahmesituationen gelassen zu bleiben und die eigene finanzielle Zukunft nicht gefährden zu müssen.

Müssen wir in ständiger Angst leben?

Zugegeben, unvorhersehbare Ereignisse wie Kriege, Naturkatastrophen, Pandemien und Finanzcrashs haben etwas sehr Bedrohliches. Wenn wir diese Situationen nicht vorhersehen können, müssen wir dann in ständiger Angst davor leben?

Natürlich müssen wir das nicht. Ganz im Gegenteilt sogar. Es mag in der aktuellen Situation zwar ironisch klingen, schließlich ist vor kurzem ein Krieg in Europa ausgebrochen, den niemand für möglich gehalten hätte. Dennoch zeigen Autoren wie Hans Rosling (Autor von Factfulness), Johan Norberg (Autor von Fortschritt) oder Steven Pinker (Autor von Aufklärung jetzt*) sehr eindrucksvoll, dass die Welt in der Vergangenheit immer friedlicher und sicherer wurde.

Gerade im Hinblick auf die Auswirkungen von Kriegen auf das Börsengeschehen, lässt sich festhalten, dass keine Kriege zu dauerhaften oder auch nur zu vorübergehenden schweren Aktiencrashs geführt haben[2]. Die Vergangenheit hat zudem sehr eindrucksvoll gezeigt, wie sich die Asset-Klasse global gestreuter Aktien nach den größten Aktiencrashs der Geschichte immer wieder erholt haben[3].

Für Anleger, die ihre Investments weltweit breit diversifizieren, ist ein Totalverlust äußerst unwahrscheinlich, sofern sie sich im Falle starker Markteinbrüche richtig verhalten, keine Verkäufe tätigen und die Situation aussitzen können.



Vielleicht mag sich der eine oder andere Leser die Frage stellen, ob es sinnvoller wäre, Geld zum Investieren für starke Markteinbrüche, wie wir sie aktuell erleben, zurückzuhalten. Wenn man ein weltweit breit gestreutes Aktienportfolio auf ETF-Basis im Sinne eines Weltportfolio-Konzepts verfolgt, dann sprechen die Opportunitätskosten der entgangenen Gewinne in der Zeit, in der man nicht investiert ist, eher dagegen. Stattdessen erscheint es sinnvoller, unvorhersehbare Ereignisse mit einzukalkulieren und

  • die persönliche Risikotoleranz und -tragfähigkeit anhand einer ausgewogenen Asset-Allocation richtig zu bestimmen und einen entsprechenden Sicherheitspuffer zusätzlich zu berücksichtigen, und
  • die Anlagen global breit zu streuen, um Klumpenrisiken zu vermeiden.

Vor allem die Notwendigkeit der globalen Diversifikation und damit einhergehend die Vermeidung von Klumpenrisiken sollen vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen an dieser Stelle besonders betont werden. Immer mehr Fondsanbieter werfen aktuell russische Aktien aus ihren Produkten. Wer einen Großteil seines Geldes in russische Aktien angelegt hat, etwa mit einer entsprechenden Ländergewichtung über einen Russland-ETF, erhält nun die Quittung für das Eingehen einer riskanten Wette. Länderwetten, Sektorwetten usw., also das bewusste Übergewichten bestimmter Länder oder Branchen, steht in völligem Widerspruch dazu, auf unvorhersehbare Ereignisse vorbereitet zu sein.

Eine eventuell weitere Möglichkeit, das Depot durch Hedging mit Optionen abzusichern, soll an dieser Stelle ausgespart werden. Zwar gibt es mittlerweile ausgeklügelte Konzepte, die solche Hedging-Maßnahmen relativ kostenneutral oder mit minimalen Verlusten in Zeiten gut laufender Märkte ermöglichen. Dennoch sollen diese Möglichkeiten als sehr aktive Strategien nicht weiter besprochen werden, da sie ebenfalls gewissermaßen überflüssig werden, wenn die weiter oben erwähnte Asset-Allocation richtig bestimmt wurde und man ein langfristiges Buy & Hold Konzept auf weltweit gestreuter ETF-Basis verfolgt.

Abschließend soll noch festgehalten werden, dass der beste Zeitpunkt, die geeigneten Schutzmaßnahmen für das eigene Portfolio zu treffen, gerade jener ist, in denen man keinerlei Negativereignisse vermutet und alles gut zu laufen scheint. Denn:

Ist der schwarze Schwan bereits im Landeanflug, hat man kaum noch Chancen, entsprechende Vorkehrungen zu treffen.

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Quellenverzeichnis

[1] Housel, Morgan (2021). Über die Psychologie des Geldes. Zeitlose Lektionen über Reichtum, Gier und Glück. München: FinanzBuch Verlag.

[2] Kommer, G. & Weis, A. (2022): „Was bedeutet der Russland-Ukraine-Krieg für mein Depot?“; Internet-Fundstelle: https://gerd-kommer.de/russland-ukraine-krieg/ (06.03.2022)

[3] Großmann, F. & Kommer, G. (2020): „Der Corona-Crash: Was tun?“; Internet-Fundstelle: https://gerd-kommer.de/corona-crash/ (06.03.2022)

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Von |2022-03-09T16:19:34+02:009. März 2022|Finanzielle Bildung|0 Kommentare

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