Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung
AUTOR
Rainer Zitelmann
ERSCHIENEN
3. Auflage 2019
FinanzBuch Verlag*
Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung
AUTOR
Rainer Zitelmann
KATEGORIE
Wirtschaft
Wirtschaftspolitik
ERSCHIENEN
3. Auflage 2019
FinanzBuch Verlag*
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Autor
- Inhalt
3.1. Eine Zeitreise durch fünf Kontinente
3.2. Menschen geht es dort besser, wo wirtschaftliche Freiheit herrscht
3.3. Die Finanzkrise – eine Krise des Kapitalismus?
3.4. Warum Intellektuelle den Kapitalismus nicht mögen
3.5. Plädoyer für kapitalistische Reformen - Kritik
- Fazit
- Pro & Contra
- Weitere Bücher
Einleitung
Im seinem Buch Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung* widmet sich der promovierte Historiker und Soziologe Dr. Dr. Rainer Zitelmann der Frage nach den Auswirkungen des Kapitalismus auf die Menschheit. Wie dem Titel nur unschwer entnommen werden kann, zeigt der Autor vor allem die positiven Errungenschaften dieses Wirtschaftssystems auf.
Dabei werden die beiden Wirtschaftssysteme Kapitalismus und Sozialismus einander gegenübergestellt und die damit einhergehenden Entwicklungen in der Menschheitsgeschichte auf verschiedenen Erdteilen miteinander verglichen. Zitelmann wirft dabei in der Tat interessante Fragen auf und bietet einen alternativen Blickwinkel auf den in vielerlei Hinsicht kritisierbaren Kapitalismus an. Dies soll in nachfolgender Buchrezension aufgegriffen werden.
Autor
Dr. Dr. Rainer Zitelmann ist ein promovierter Historiker und Soziologe, Unternehmer und Autor von insgesamt 24 Büchern, die in mehrere Sprachen übersetzt wurden. Nach seiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Assistent an der Freien Universität Berlin wurde er Cheflektor und Mitglied der Geschäftsleitung des Ullstein-Propyläen-Buchverlages. Anschließend leitete er über mehrere Jahre verschiedene Ressorts bei der Tageszeitung „Die Welt“. Weiters gründete er ein Unternehmen zur Kommunikationsberatung in der Immobilienwirtschaft.
Inhalt
Der Titel des Buchs Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung* ist etwas reißerisch und er lässt kaum spekulativen Raum, worum es in dem vorliegenden Werk geht und welche Position der Autor selbst dabei vertritt. Der Ansatz des Buches ist es, die beiden Wirtschaftssysteme Kapitalismus und Sozialismus gegenüberzustellen und dabei vor allem die Errungenschaften des Kapitalismus aufzuzeigen.
Die Begriffe „Marktwirtschaft“ und „Kapitalismus“ werden in dem Buch der Einfachheit halber synonym verwendet. Nachdem beide Systeme in der Realität nie hundertprozentig in ihrer Reinform zu finden sind, wird Kapitalismus als „mehr Markt“ und Sozialismus hingegen als „mehr Staat“ aufgefasst.
Zitelmann betont, dass das Buch nicht das Thema der „Vermögensungleichheit“ aufgreift und auch nicht ob diese zunimmt oder nicht, sondern ob der Lebensstandard der Menschen insgesamt durch die Entwicklung des Kapitalismus eher angehoben wird oder nicht. Während sich Kapitalismuskritiker gerne der Frage widmen, wie der Kuchen am besten verteilt wird, beschäftigt sich Zitelmann also mit der aus seiner Sicht für die Menschheit viel relevantere Frage, nämlich unter welchen Bedingungen der Kuchen größer oder kleiner wird.
Der Kapitalismuskritiker Thomas Piketty – Autor von Das Kapital im 21. Jahrhundert* – beklagt, dass die Einkommens- und Vermögensschere zwischen Arm und Reich in den Jahren 1990 bis 2010 auseinandergegangen ist. Zeitgleich sind jedoch hunderte Millionen weltweit durch die Ausbreitung des Kapitalismus der bitteren Armut entronnen. Nun stellt Zitelmann eine interessante Frage: Ist es für diese Hunderte Millionen Menschen entscheidend, dass sie nicht mehr hungern und der Armut entkommen sind oder dass sich möglicherweise im gleichen Zeitraum das Vermögen von Multimillionären und Milliardären noch stärker vermehrt hat?
Damit gibt der Autor in der Einleitung bereits eindeutig zu verstehen, dass man das falsche Buch gekauft hat, wenn man sich vor allem für eine Diskussion von Einkommens- und Vermögensgleichheit interessiert. Wer sich hingegen dafür interessiert, unter welchen Bedingungen es der Menschheit besser geht, der wird von Zitelmann zu einer Zeitreise durch fünf Kontinente eingeladen, um nach Antworten zu suchen.
Eine Zeitreise durch fünf Kontinente
In den ersten sieben Kapiteln des Buches nimmt der Autor die wirtschaftlichen Entwicklungen in China, Afrika, Deutschland, Nord- und Südkorea, England und Amerika, Chile und Venezuela und Schweden genauer unter Lupe. Wie bereits weiter oben erwähnt ist es der Ansatz des Buches, sozialistische und kapitalistische wirtschaftliche Entwicklungen gegenüber zu stellen.
Dabei kommt er immer wieder zu demselben Schluss. Dort wo die Märkte am offensten sind, wo die Wirtschaft am freiesten ist und wo sie wachsen kann, dort geht es den Menschen am besten. Ungeachtet dessen, dass der Kapitalismus das Vermögen der besonders Reichen überproportional weiter vermehrt, also die Ungleichheit fördert, geht es der gesamten Bevölkerung tendenziell besser als unter planwirtschaftlichen Bedingungen.
Im Kapitel über Afrika geht Zitelmann hart mit der Entwicklungshilfe ins Gericht. Diese sei letztlich Teil des Problems, warum sich Afrika nicht entwickeln könne. Klingt eigentlich skurril. Um dies zu untermauern, werden hochrangige Repräsentanten afrikanischer Staaten zitiert.
So etwa Abdoulaye Wade, Präsident Senegals von 2000 – 2012, der bekundet, noch nie erlebt zu haben, dass sich ein Land durch Entwicklungshilfe oder Kredite entwickelt habe und Länder, die sich entwickelt haben, stets an den freien Markt geglaubt haben.
Oder James Shikwati, Gründer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft „Inter Region Economics“ in Nairobi, Kenia:
„Es werden riesige Bürokratien finanziert, Korruption und Selbstgefälligkeit gefördert, Afrikaner zu Bettlern erzogen und zur Unselbständigkeit. Zudem schwächt die Entwicklungshilfe die lokalen Märkte und den Unternehmergeist, den wir so dringend brauchen. Sie ist einer der Gründe für Afrikas Probleme, so absurd dies klingen mag.“
Um zu verdeutlichen, wie die heimische Wirtschaft durch Entwicklungshilfe gehemmt wird, erläutert Zitelmann das Beispiel eines afrikanischen Herstellers von Moskitonetzen, der es mit 10 Arbeitern schafft (die jeweils etwa 15 Angehörige ernähren), in der Woche 300 Moskitonetze herzustellen. Als ein amerikanischer Schauspieler einen Spendenaufruf für 100.000 Moskitonetze startete, um den Menschen in Afrika zu helfen, wurde der heimische Markt mit Moskitonetzen überschwemmt und der einheimische Betrieb aus dem Markt gedrängt, wodurch die Beschäftigten und deren Angehörige plötzlich auf Almosen angewiesen waren.
Gerade Afrika ist aus Sicht des Autors ein hervorragendes Beispiel um aufzuzeigen, dass unter kapitalistischen Bedingungen mit der Zahl der Superreichen auch die Mittelschicht wächst. Letztere habe sich in Afrika in den letzten 30 Jahren verdreifacht.
Dass Sozialismus und Planwirtschaft (meist von „Intellektuellen“) erdachte Konstrukte sind, während das Wesen des Kapitalismus eher eine gesellschaftliche Ordnung darstellt, verdeutlicht Zitelmann etwa an den Entwicklungen in Deutschland bzw. der ehemaligen DDR. Da man dort mindestens ein Jahrzehnt (genauer: zwischen 12,5 und 17 Jahren) auf einen Neuwagen warten musste – zur Auswahl standen hauptsächlichen Trabant und Warburg – entwickelte sich ein schwunghafter Schwarzmarkt, wo Autoanmeldungen zwischen 2.000 und 40.000 Mark erworben werden konnten, um sich auf einen besseren Platz auf der Warteliste zu erkaufen. Auch wurden Gebrauchtwägen zum zwei- bis dreifachen Wert eines Neuwagens gehandelt.
Als es noch keine Mauer zwischen Ost- und Westdeutschland gab, konnten die Bürger der ehemaligen DDR selbst Vergleiche ziehen und beobachten, dass sowohl Preise günstiger als auch die Qualität von Waren im Westen besser waren. Da dies zu einer massenhaften Abwanderung führte, musste schließlich gehandelt werden, um ein frühzeitiges Zusammenbrechen des Systems zu verhindern. Der Rest ist Geschichte.
Am Beispiel von Korea erläutert Rainer Zitelmann das eindrucksvolle Zusammenspiel von kapitalistischer Wirtschaft und kulturellen Werten. Die jahrhundertealten Traditionen sind in Nord- und Südkorea gleich. Allerdings konnten sich diese positiven Faktoren in einem ineffizienten Wirtschaftssystem wie in dem von Nordkorea nicht entfalten. Der wirtschaftliche Erfolg Südkoreas wurde also entscheidend durch diese Kombination von Wirtschaft und Tradition bedingt. Niemand hatte Südkorea auch nur annähernd den riesigen Erfolg ausgemalt, da sie nach dem Weltkrieg bei weitem nicht die Unterstützung von den Westkräften erfahren haben, wie Nordkorea von China und Russland.
Sehr ausführlich widmet sich Zitelmann auch den Entwicklungen in England unter Margaret Thatcher. England hatte 1966 extrem hohe Steuersätze und dies bis in die 70er Jahre hinein. Die Beatles widmeten diesem Umstand den Song „Taxman“. Für Briten mit sehr hohen Kapitaleinkünften gab es einen Spitzensteuersatz von 98 Prozent, was einer Enteignung gleichzusetzen ist.
Eines der ersten Maßnahmen Margaret Thatchers war eine deutliche Senkung dieser Steuersätze. Außerdem hat sie die Macht der Gewerkschaften zurückgedrängt und so etwa verpflichtende Gewerkschaftsbeitritte, wie sie in manchen Betrieben gefordert wurden, abgeschafft. Zitelmann räumt Thatcher ein, die erste Politikerin gewesen zu sein, die so konsequent ein marktwirtschaftliches Programm durchgesetzt habe, trotz enormer Widerstände. Ihr Ziel war es, die Macht des Staates zu verringern und die des Volkes zu vergrößern.
Die Reformen Margaret Thatchers waren so überzeugend, dass die Briten sie zweimal wiederwählten und ihre Reformen sogar von der Labour Party unter Tony Blair beibehalten wurden.
Menschen geht es dort besser, wo wirtschaftliche Freiheit herrscht
In einem weiteren Kapitel erläutert der Autor verschiedene Indizes und Indikatoren, an denen man den Wohlstand bzw. die wirtschaftliche Freiheit eines Landes ablesen kann. So etwa der „Index of Economic Freedom“.
Folgende Erkenntnisse werden dabei festgehalten: Je mehr wirtschaftliche Freiheit, desto wohlhabender die Volkswirtschaften, desto wahrscheinlicher ein hohes Wirtschaftswachstum und desto höher das Einkommen der ärmsten 10 % der Bevölkerung.
Die Rate extremer Armut liegt in den am wenigsten freien Ländern bei 41,5 % und bei den freiesten Volkswirtschaften bei 2,7 %. Die Lebenserwartung ist in den wirtschaftlich freien Ländern deutlich (um fast 20 Jahre!) größer als in den unfreien Ländern.
Weiters, je höher die wirtschaftliche Freiheit, desto seltener gibt es Bürgerkriege, desto höher die politische Stabilität, desto weniger Morde und Menschenrechtsverletzungen, desto niedrigere Militarisierungsgrade und umso größer das Sicherheitsgefühl der Menschen.
Die Finanzkrise – eine Krise des Kapitalismus?
In einem weiteren Kapitel gibt es eine Klarstellung Zitelmanns, dass weder die Finanzkrise, noch die Eurokrise mit Marktversagen oder einer Krise des Kapitalismus zu tun gehabt haben. Sie seien beide, ganz im Gegenteil, von der Politik und den Zentralbanken verursacht, die in das Marktgeschehen eingriffen, um bestimmte politische Projekte zu realisieren.
Dabei betont er, dass nirgendwo weniger Marktwirtschaft herrscht als in der Finanzwelt. Kein Bereich (außer der Gesundheitsbereich) sei so stark reguliert und staatlich beaufsichtigt. Doch genau diese Bereiche sind die instabilsten der Wirtschaft. Zitelmann vertritt die Ansicht, dass Regulierungen hier zwar nötig sind, gibt jedoch zu bedenken, dass mehr Regulierung nicht zwangsläufig mehr Stabilität bringt. Je komplexer das System wird, umso höher steigt die Unfallgefahr.
Warum Intellektuelle den Kapitalismus nicht mögen
Das wohl spannendste Kapitel beschäftigt sich mit der Frage, warum „Intellektuelle“ sich mehrheitlich gegen den Kapitalismus aussprechen.
Intellektuelle verstehen sich selbst als „kritisch“ und sehen sich als moralisches Gewissen der Gesellschaft.
„Das Rollenverständnis als moralisch überlegener Kritiker eint viele Intellektuelle und unterscheidet sie in ihrem Selbstverständnis von der Wirtschaftselite.“
Die Kapitalismuskritik komme dabei von linken, rechten und konservativen Intellektuellen zugleich. Alle verbinde ein Hang zum Etatismus, also der Glaube, ökonomische und soziale Probleme seien vor allem durch aktives staatliches Handeln zu lösen.
Zitelmann wird nicht müde, immer wieder zu betonen, dass der Kapitalismus – anders als der Sozialismus – kein Gedankensystem ist, das der Wirklichkeit übergestülpt wird, sondern eine weitgehend spontane, evolutionär entstandene Ordnung. Diese könne sich dann besonders gut entwickeln, wenn sie eher „von unten“ wächst, als von oben angeordnet wird. Anhand der Gegenüberstellung von China und Russland stellt Zitelmann fest, dass die Marktwirtschaft in China ständig gewachsen ist und sich besser entwickeln konnte, als in Russland, wo die Marktwirtschaft quasi per Schocktherapie verordnet wurde.
Was dem Autor besonders missfällt ist offensichtlich auch das Auftreten und das Selbstverständnis von kapitalismuskritischen Intellektuellen. Charakteristisch sei, dass diese nicht im eigenen Interesse auftreten, sondern als Interessensvertreter sozial benachteiligter Schichten. Sie sehen sich als altruistisch denkende Menschen, denen es um das Gemeinwohl, den Anliegen der sozial Benachteiligten, der Arbeiter, von Minderheiten, der Umwelt usw. geht, während dem Kapitalisten unterstellt wird, dass er primär aus Eigennutz handelt, um sich materiell zu bereichern.
Dieser Annahme entgegnet Zitelmann, dass der Kapitalist jedoch nur dann reich wird, wenn er mit seinen Produkten oder Dienstleistungen die Bedürfnisse einer Großzahl von Konsumenten befriedigt. Dass der Verleger einer Boulevardzeitung mehr verdient, als der Verfasser geistreicher Essays, liegt so gesehen auf der Hand, sei aber für den antikapitalistischen Intellektuellen ein Beleg dafür, dass mit der Marktwirtschaft etwas nicht stimme.
„Und aus der platten und wenig reflektierten Gegenüberstellung des vermeintlich altruistisch agierenden Intellektuellen mit dem von egoistischen Profitmotiven geleiteten Kapitalisten beziehen Erstere das Gefühl moralischer Überlegenheit.“
Plädoyer für kapitalistische Reformen
Im letzten Kapitel fasst der Autor seine Erkenntnisse nochmals zusammen und verfasst ein ausführliches Plädoyer für kapitalistische Veränderungen.
Zur häufig verbreiteten Meinung, dass Sozialismus an sich eine gute Idee ist, die jedoch bisher immer nur schlecht ausgeführt worden sei, sagt Zitelmann:
„Irgendwann wird man erkennen, dass nicht die Ausführung schlecht war, sondern die Idee. Den Menschen in den westlichen Ländern ist heute viel zu selten bewusst, dass kapitalistische Reformen zu mehr Wohlstand führen – und nicht Umverteilung.“
Kritik
Das Buch ist ein klarer Appell für mehr Kapitalismus und für mehr wirtschaftliche Freiheit, weshalb die Betonung der positiven Aspekte dieses Wirtschaftssystems daher sehr im Vordergrund stehen. Auch wenn die Erläuterungen zu den Vorzügen des Kapitalismus sehr einleuchtend erscheinen und durch das Untermauern mit vielen stichhaltigen Argumenten und Zahlen auch ein starkes Fundament haben, so wäre eine Ergänzung um kritische Aspekte durchaus wünschenswert gewesen. Eine etwas ausgewogenere Betrachtung von Vor- und Nachteilen hätten dem Buch ganz gut getan.
Etwas schwierig anzunehmen ist zum Teil das Kapitel über Afrika. Hier wird Entwicklungshilfe als mehr oder weniger großer Teil des Problems afrikanischer Länder gesehen, da diese die amerikanische Bevölkerung zu Bettlern und zur Unselbständigkeit erziehe. Hier erscheint jedoch eine differenziertere Betrachtung angebracht, um zwischen Almosen und Entwicklungshilfen im Sinne von „Hilfe zur Selbsthilfe“ zu unterscheiden.
Als Beispiel für die negativen Folgen der Entwicklungshilfe wird im entsprechenden Kapitel eine Spende von 100.000 Moskitonetzen angeführt (vgl. Kapitel Eine Zeitreise durch fünf Kontinente). Kritisiert wird dabei, dass dadurch ein heimischer Produzent von Moskitonetzen, der etwa 160 Menschen versorgen konnte, aus der heimischen Wirtschaft gedrängt wurde. Dabei drängen sich vor allem zwei Fragen auf. Erstens, ist dies tatsächlich als Entwicklungshilfe zu verstehen oder eher als Spende? Zweitens, wieviele Leute haben durch die importierten 100.000 Moskitonetze letztlich profitiert, da sie so vor übertragbaren und unter Umständen todbringenden Krankheiten wie Malaria geschützt wurden?
Auch hier muss man festhalten, dass eine etwas ausgewogenere und differenzierte Betrachtungsweise und weniger im Sinne einer Schwarz-Weiß-Malerei, gut gewesen wäre. Es wäre wünschenswert, wenn eine eventuelle weitere Auflage des Buchs diese Aspekte berücksichtigen würde.
Fazit
Das Thema der gerechten Vermögensaufteilung oder der Vermögensgleichheit polarisiert. Der Autor Rainer Zitelmann wirft in seinem Buch Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung* interessante Fragen auf und vertritt dabei eine klare Position. So stellt sich vor allem die Frage, ob es besser ist, unter einem kapitalistischen Wirtschaftssystem den Wohlstand der Menschheit zu vergrößern, mit dem Nebeneffekt, dass die Superreichen dabei noch reicher werden. Oder, ob es sinnvoller ist, das Vermögen der Welt gleichmäßig unter allen Menschen aufzuteilen, mit dem Ergebnis, dass es der Menschheit offenbar nicht so gut geht, wie unter kapitalistischen Bedingungen.
Rainer Zitelmann beantwortet diese Frage in seinem Buch, indem er die Leser_innen zu einer Zeitreise durch fünf Kontinente mitnimmt. Dabei präsentiert er die stets gescheiterten Versuche verschiedener Länder, sozialistische Systeme wie Kommunismus und Planwirtschaften mit einem charakteristisch hohen Einfluss des Staates auf das wirtschaftliche Geschehen eines Landes zu implementieren. Diese verschiedenen Formen von Sozialismus werden kapitalistischen Systemen mit deutlich freieren marktwirtschaftlichen Bedingungen gegenübergestellt, wobei die Schlüsse daraus immer dieselben sind – Kapitalismus und wirtschaftliche Freiheit fördern den Wohlstand der Menschen, auch wenn die Vermögensungleichheit dabei zunimmt. Seine Argumente untermauert er mit zahlreichen Gegenüberstellungen und Zahlenvergleichen.
Eine wesentliche Schlussfolgerung Zitelmanns aus den zahlreichen Gegenüberstellungen sozialistischer und kapitalistischer Systeme ist, dass die Idee einer funktionierenden Planwirtschaft ein künstlich erschaffenes Gedankensystem zu sein scheint, welches einer Bevölkerung „übergestülpt“ wird. Hingegen stellt eine freie Marktwirtschaft innerhalb eines kapitalistischen Wirtschaftssystems eher eine evolutionäre Ordnung dar, die sich vor allem dann besonders gut entwickelt, wenn sie „von unten“ wachsen kann und nicht per Schocktherapie vom Staat verordnet wird.
Der Autor plädiert mit seinem Buch an die Leser_innen, sich nicht auf die am häufigsten kapitalismuskritische Frage zu versteifen, wie der Kuchen am besten aufgeteilt werden sollte, sondern unter welchen Bedingungen der Kuchen insgesamt größer oder kleiner wird und wie die Menschheit von einem zwar ungleichmäßig verteilten, aber letztlich größeren Kuchen profitiert. Somit wird für die Betrachtung des Kapitalismus, die meist mit impliziten oder expliziten Unterstellungen von Egoismus und Profitgier als treibende Kräfte einhergehen, ein alternativer Blickwinkel angeboten.
Möchte man sich als Leser_in auf diese Gedanken einlassen, dann hält man mit Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung* ein äußerst interessantes Buch in den Händen. Ist man hingegen auf der Suche nach einer Diskussion über vermögensgerechte Aufteilung oder erwartet man in dem Buch auch kapitalismuskritische Aspekte, so kann das Buch diese Wünsche nicht bzw. nicht gänzlich erfüllen.
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Pro & Contra
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