Remember September!
Remember September
September, was für ein Monat! Ich hoffe ihr habt den vermeintlich schwierigsten Börsenmonat des Jahres gut überstanden und seid bereit, euch für das restliche Jahr zu positionieren. Der September hat seinem Ruf alle Ehre gemacht, er war sehr bewegt und ereignisreich.
Auf den Finanzmärkten hat sich einiges getan und auch in der Politik gab es einige Überraschungsmomente. Grund genug, den vergangenen Monat nochmals Revue passieren zu lassen und mit euch jene Momente zu teilen, die meine Aufmerksamkeit erregt haben.
Big Trouble in Big China
Der chinesische Immobilienkonzern China Evergrande steht Berichten zufolge mit 300 Mrd. US-Dollar in der Kreide und möglicherweise kurz vor der Pleite. Die Aktien des mächtigen Konzerns sind seit Jahresbeginn um über 85 Prozent eingebrochen. In den Medien wurde schon über „Chinas Lehman Moment“ gesprochen. Da die Immobilienbranche ein bedeutender Faktor für Chinas Wirtschaft ist, könnte ein Zusammenbruch tatsächlich weitreichende Folgen für Chinas Bankensystem und auch für die europäische Wirtschaft haben. Bislang verhielt sich die chinesische Regierung mit möglichen Unterstützungsbekundungen eher zurückhaltend.
Meine Meinung zu Investitionen in Emerging Markets wie China, kannst du übrigens in diesem Blogbeitrag nachlesen – Ist es noch sinnvoll, in Emerging Markets zu investieren?
Bitcoin fällt… und steigt…
Die trübe Stimmung am Aktienmarkt durch die Evergrande-Meldung hatte auch negative Auswirkungen auf den Kryptomarkt, es kam zu deutlichen Rücksetzern, der Bitcoin-Preis rutschte auf unter 41.000 US-Dollar. Während die Aktienmärkte weiter unter Druck stehen, konnten Kryptowährungen Anfang Oktober hingegen bereits deutliche Kursaufschwünge verzeichnen. Letzten Mittwoch stieg Bitcoin erstmals wieder auf über 55.000 US-Dollar an und auch andere Kryptowährungen konnten enorme Kurssprünge verzeichnen. Die Ängste vor drohenden Regulierungen scheinen bei den Anlegern wieder etwas zu verschwinden. Auch das allgemein hohe Inflationsniveau scheint interessierte Anleger wieder vermehrt dazu zu verleiten, bei diversen Kryptowährungen kräftig zuzugreifen und sie auch als Diversifikationsmittel ins Portfolio zu holen.
Während manche Länder wie China tatsächlich stärkere regulierende Maßnahmen umsetzen möchten, gilt Bitcoin in El Salvador hingegen seit 7. September 2021 neben dem US-Dollar offiziell als Landeswährung.
Der neue DAX 40
Der Dax wurde am 20. September 2021 um 10 neue Unternehmen erweitert. Er wurde bunter und jünger. Folgende Unternehmen kehrten in den Index ein:
- Airbus
- Siemens Healthineers
- Sartorius
- Porsche Automobil Holding
- Zalando
- HelloFresh
- Symrise
- Puma
- Brenntag
- Qiagen
Marktwirtschaft! Oder doch lieber Kommunismus?
Auch auf politischer Ebene hat sich so einiges getan. Deutschland hat gewählt und selbst FDP-Chef Christian Lindner dürfte überrascht gewesen sein, dass sich die Erstwähler für die Marktwirtschaft entschieden haben. Haben sie sich damit gegen den Klimaschutz ausgesprochen? Vermutlich nicht, denn für die jungen Wählerinnen und Wähler dürfte Marktwirtschaft und Klimaschutz gar kein so großer Widerspruch sein, wie er oftmals suggeriert wird.
In Berlin halten 56 Prozent Enteignungen für ein geeignetes Mittel, gegen hohe Immobilienpreise und Wohnungsnot vorzugehen. Die Aktien von Deutsche Wohnen und Vonovia zeigen sich weitgehend unbeeindruckt. Ebenso wie österreichische Immobilien AGs wie CA Immobilien und S Immo.
Ähnlich groß wie bei Christian Lindner dürfte auch die Überraschung von der KPÖ-Spitzenkandidatin Elke Kahr, deren Partei im Rahmen der Gemeinderatswahl der steirischen Landeshauptstadt Graz als Sieger hervorging. In den Medien war bereits von „Graznost“ oder „Stalingraz“ die Rede. Auch in Graz ist Wohnen ein heißes Thema. Das Wahlergebnis kann definitiv als geschichtsträchtig bezeichnet werden.
Trotz steigender Immobilienpreise herrscht interessanterweise nach wie vor FOMO (Fear of Missing Out) auf dem Immobilienmarkt. Wie Immobilienmakler berichten, sind Kunden trotz der hohen Preise auch immer mehr bereit, modernisierungs- und sanierungsbedürftige Objekte zu erwerben. Die Sorge, leer auszugehen, ist offenbar zu groß. Auch der rückläufige Zinstrend, der seit den Achtzigerjahren herrscht und nun langsam etwas zu brechen droht, dürfte ein zusätzlicher Motivator sein.
Auch in Österreich steigt die Eigenheimquote weiter an. Die Pandemie treibt die Menschen regelrecht ins Eigenheim. FOMO gibt es also nicht nur auf dem Aktienmarkt! Ob der Immobilienkauf tatsächlich immer die beste Entscheidung ist – ob nun in finanzieller Hinsicht oder als Lifestyle-Entscheidung – nimmt Gerd Kommer in der Neuauflage seines Buchs Kaufen oder Mieten?* unter die Lupe, die kürzlich erschienen ist. In meiner Besprechung zum Buch gehe ich auf einige Aspekte des Buchs genauer ein, aber soviel kann ich bereits vorweg nehmen – es ist eine wirklich außerordentlich empfehlenswerte Lektüre!
Mehr finanzielle Bildung für Österreicher
Eine sehr erfreuliche Nachricht gab es übrigens auch im Hinblick auf die finanzielle Bildung. Diese soll nämlich in Österreich künftig einen größeren Stellenwert genießen. So soll es ein digitales Finanzportal und die Möglichkeit eines Finanzführerscheins geben. Auch im Schulunterricht soll finanzielle Bildung einen höheren Stellenwert bekommen. Themen dieser geplanten Bildungsoffensive sollen etwa die Finanzierung des Eigenheims, der Zinseszins-Effekt, Veranlagungsstrategien und die langfristige Haushaltsplanung sein. Bleibt zu hoffen, dass diese Maßnahmen auch tatsächlich umgesetzt werden. Ablehnung gibt es von der „Aktion kritischer Schüler_innen“, welche die Gefahr der alternativen Legitimierung „neoliberaler Wirtschaftspolitik“ sehen.
Beethoven, der Dividendenstratege
Die Wiener Börse feierte Geburtstag! Die „Grande Dame“ unter den internationalen Handelsplätzen wurde 250 Jahre alt und hat so einiges überdauert – Monarchen, Kriege, Börsencrashs. Kaiserin Maria Theresia war es damals ein Dorn im Auge, dass Staatspapiere auf der Straße und in Kaffeehäusern gehandelt wurden. So verkündete sie die Eröffnung der Wiener Börse per Patent. Am 2. September 1771 kam es schließlich zum allerersten Handelstag, also vor genau 250 Jahren.
Damals wurden allerdings noch keine Aktien an der Wiener Börse gehandelt. Der Handel beschränkte sich zunächst auf Wechsel, Devisen und Staatsanleihen. Die erste Aktie, die überhaupt an der Wiener Börse notierte, war die Aktie der österreichischen Nationalbank am 27. Mai 1818.
Als zweite private Aktie wurden erst 1842 Eisenbahn-Anteile eingeführt. Durch die Industrialisierung kam es zu einem gewaltigen Wirtschaftsaufschwung und immer mehr Unternehmen finanzierten sich durch Aktienemissionen. Die Börse wurde zu einem großen Thema in der Gesellschaft. 80 Börsenzeitungen soll es zur Gründerzeit in Österreich gegeben haben.
Zu den allerersten Privatanlegern gehörte übrigens Ludwig van Beethoven. Der Komponist investierte seinerzeit 9992 Gulden in die Aktien der „privilegierten oesterreichischen National-Bank“, was einem heutigen Wert von etwa 80.000 Euro entspricht. Diese Investition bescherte ihm jährliche Einnahmen von 400 bis 500 Gulden durch Dividenden. Wenn man so will, verfolgte er damals bereits eine Dividendenstrategie.
Die Wiener Börse zählt zwar zu den ältesten, die älteste Börse der Welt wurde jedoch bereits 1409 in Brügge gegründet. Das allererste Börsengebäude gab es in Antwerpen. Damals wurden die Märkte übrigens noch mit einem Hammer eröffnet. Erst im Jahr 1903 wechselte die New Yorker Börse zur Glocke.
Schlusswort
Remember September, was für ein spannender Monat! Der Oktober hat bereits begonnen und während ich diese Zeilen schreibe, erklärt der Sebastian Kurz seinen Rücktritt als österreichischer Bundeskanzler. Der Politik werde ich auf meinem Blog auch weiterhin keinen allzu großen Stellenwert einräumen. Stattdessen werde ich euch weiterhin mit Informationen zu Finanzen und Investments versorgen und euch interessante Bücher präsentieren. Bleibt geduldig, bleibt vernünftig und bleibt dran. Wir lesen uns beim nächsten Mal!
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